Unser Bürgermeister befindet sich seit Wochen im Krankenstand, wird jedoch wiederholt auf Festen und Veranstaltungen gesehen. In einem aktuellen Zeitungsinterview bestätigte er dies und kündigte an, dass er sich auch die Teilnahme und das Schunkeln an der bevorstehenden Kerb in zwei Wochen nicht nehmen lassen werde. Gleichzeitig betonte er, dass er nicht beabsichtige, seine Aufgaben im Rathaus wahrzunehmen, solange er krankgeschrieben sei.
Selbstverständlich hat jeder Arbeitnehmer – auch ein Bürgermeister – das Recht, sich während einer Krankschreibung von der Arbeit freistellen zu lassen. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob es mit der Arbeitsunfähigkeit vereinbar ist, aktiv an öffentlichen Festivitäten teilzunehmen. Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmende während einer Krankschreibung nur Tätigkeiten ausüben, die den Genesungsprozess nicht beeinträchtigen. Es ist zweifelhaft, ob die Teilnahme an Partys und Großveranstaltungen, wie der Kerb, mit der angestrebten Genesung im Einklang steht. Oder dürfen nun auch alle Mitarbeitenden des Rathauses, wenn sie krankgeschrieben sind, weiterhin auf Partys gehen?
Besonders problematisch ist dies im Hinblick auf die Vorbildfunktion, die der Bürgermeister als oberster Repräsentant unserer Gemeinde innehat. Nach den beamtenrechtlichen Grundsätzen hat der Bürgermeister eine besondere Treuepflicht gegenüber der Gemeinde und ihren Bürgerinnen und Bürgern. Diese Pflicht erfordert auch ein angemessenes Verhalten im öffentlichen Dienst und in der Öffentlichkeit. Das jetzige Verhalten wirft die Frage auf, ob diese Pflichten ausreichend wahrgenommen werden.
Während sich die Verwaltung mit diversen unbesetzten Stellen um vielen offenen Themen, wie zum Beispiel den nicht genehmigten Haushalt oder die Notwendigkeit der Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen herumschlägt ist der Bürgermeister offiziell krankgeschrieben und nutzt die Zeit um ausgiebig Feste zu feiern.
Es dürfte allen Bürger*innen klar sein, dass ein gewählter Bürgermeister nicht ein einfacher Arbeitnehmer ist, den man beim „Krankfeiern“ erwischt. Mit seiner Wahl hat ein Bürgermeister die Verantwortung für die Gemeinde und die Verwaltung übernommen. Und als Oberhaupt der Gemeinde hat er zudem Vorbildcharakter. Gerade in der aktuellen Sitzungsrunde geben sich Verwaltungsmitarbeiter und Gemeindevorstand alle Mühe, die vielen offenen und kritischen Punkte zu bearbeiten. So wirkt es wenig überraschend, dass immer mehr Gemeindebeschäftigte ihren Dienst in Nauheim frustriert quittieren und die Gemeinde verlassen.
Wir möchten daran erinnern, dass vor knapp 13 Jahren der damalige Bürgermeister Waltz (SPD) an einer ähnlichen Situation gescheitert ist. Die Forderung nach einem Rücktritt stand damals im Raum und führte letztlich dazu, dass er sich einer Wiederwahl nicht mehr stellte.
Tatsache ist, die Gemeinde steht vor riesigen Herausforderungen: Wer kümmert sich jetzt um die dringend notwendigen Projekte wie die Erschließung des Gewerbegebiets, die Stabilisierung der angespannten Finanzlage oder die Einstellung neuer Mitarbeiter*innen? Wer stellt sicher, dass die Gemeinde einen genehmigten Haushalt vorweisen kann? Es gibt drängende Aufgaben, die nicht durch Feiern gelöst werden können und das Abwälzen auf die ehrenamtlichen Stellvertreter.
Selbstverständlich wünschen wir Roland Kappes alles Gute und eine vollständige Genesung. Die jüngsten Vorfälle belegen jedoch, dass er der Verantwortung als Bürgermeister der Gemeinde Nauheim nicht gewachsen ist. Aus diesem Grund fordern wir ihn eindringlich auf, von seinem Amt zurückzutreten.
Frank Schmitz Karl-Norbert Merz
Sanja Schneider Miriam Bach