Ich freue mich, dass so viele heute Abend den Weg zu uns gefunden haben.
Nämlich zu uns, die nie wieder in unserem Land eine Zeit erleben wollen, wie sie in der Zeit des Nationalsozialismus stattgefunden hat. Es ist mir nicht leicht gefallen, dies auf unsere Gemeinde herunterzubrechen.
Zeit des Nationalsozialismus
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten brach auch in Nauheim die Hitler-Diktatur an. 1934 erfolgte die Gleichschaltung aller Vereine. Jüdische Einwohner wurden denunziert, verfolgt, misshandelt, verloren ihre Heimat und wanderten nach Amerika aus. Die Verbliebenen fielen dem Holocaust zum Opfer, wurden 1940 in Konzentrationslager deportiert und ermordet.
Josef Ruckes, der von der NSDAP berufen wurde, als Bürgermeister zu Nauheim in der Zeit von 29.10.1935 bis März 1945 unserer Gemeinde vorstehen zu wollen, hat noch viel mehr Menschenunwürdiges im Alltag umgesetzt.
Er versetzte die Bürger und Bürgerinnen in Angst und Schrecken, um sein Ziel mit der ihm von der NSDAP aufgetragenen Arbeit zu realisieren.
Er kannte kein Erbarmen mit den Menschen in unserer Gemeinde. Nicht nur Angst, sondern auch psychische und brutale Verhaltensweisen seinerseits, machten die Bürgerinnen und Bürger gefügig und brachte sie dazu, sich seinen Anordnungen zu beugen. Jedoch gab es auch Menschen in unsrer Gemeinde, die denjenigen heimlich halfen, die betroffen waren.
Für ihn war es wichtig, mit brutaler Gewalt und mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Dazu gehörte auch Erpressung einzelner Familien, um an ihr Eigentum und ihre Gelder zu kommen. Die NSDAP soll so finanziell ausgestattet werden, dass die Kriegsführung weitergehen konnte.
Dies machte auch nämlich erst die Aggressivität gegenüber den bei uns lebenden jüdischen Mitbürgern und die brutale Gewalt gegenüber den in unsrer Mitte lebenden Menschen möglich.
Jeder und jede, die sich seinen Anweisungen nicht unterwarfen, wurden in Konzentrationslager oder während des Krieges für sie tödlichen Einsätze in Kampf gegen die angeblichen Feinde für Deutschland einberufen.
Das soll uns daran erinnern, dass wir uns nie wieder von solchen Menschen, wie die AfD und deren Untergliederungen sowie Netzwerke, in eine solche Situation bringen lassen.
Es ist mir wichtig, dass jedem einzelnen von uns bewusst wird, dass niemand mehr Opfer solcher Grausamkeiten und Idiologien werden darf. Josef Ruckes selbst floh beim Einmarsch der Amerikaner in Nauheim mit dem Volksturm. Es ist bis heute nicht bekannt, wo er sich befindet.
Zum Abschluss möchte ich Ihnen gerne das Zitat von Martin Niemöller in Erinnerung rufen:
Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Gewerkschaftler holten, habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Gewerkschaftler.
Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Jude.
Als sie meine Freunde und Nachbarn mit Migrationshintergrund holten, habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Mensch mit Migrationshintergrund.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.