In der letzten Gemeindevertretersitzung am 17. Februar 2022 wurde abschließend der Haushaltsentwurf für das Jahr 2022 beraten und beschlossen. Die SPD-Fraktion hat einige Anträge in die Vorberatungen eingebracht, um die Gemeinde Nauheim einerseits weiter nach vorne zu bringen und kommenden Herausforderungen trotzen zu können. Andererseits wollen wir Verantwortung übernehmen, für jene, die in der Corona-Pandemie gelitten haben. Unsere Anträge wurden alle angenommen, sodass wir dem Haushaltsentwurf zugestimmt haben. Nachfolgend die ungehaltene Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Daniel Schmidt:

Sehr geehrter Herr Gemeindevertretervorsteher,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

liebe Kolleginnen und Kollegen der Gemeindevertretung,

 ziemlich genau zwei Jahre ist es her, als ich meine erste Haushaltsrede als neuer SPD-Fraktionsvorsitzender in der Gemeindevertretung gehalten habe und es bleibt weiterhin die einzige. Der Grund ist uns allen bekannt: Die Corona-Pandemie hat uns und unser alltägliches Leben weiterhin fest im Griff. Damit verbunden sind auch Unwägbarkeiten, die uns bereits durch die letzte Haushaltsberatungen begleitet haben. Gerade mit Blick auf die eingestellten Erträge der letzten zwei Haushaltsjahre bleibt abzuwarten, ob diese überhaupt eingenommen werden können. Dies gilt beispielsweise für die Gewerbesteuer. Wenn wir als Gemeinde auch in Zukunft handlungsfähig bleiben und die Einnahmenseite ohne weitere Belastungen verbessern wollen, müssen wir dafür sorgen, Gewerbe in Nauheim anzusiedeln und auch zu halten. Die eingestellten Mittel zur Wirtschaftsförderung waren in den vergangenen Haushalten mehr als überschaubar. Vor allem mit Blick auf die Ansiedlungen im Gewerbepark Süd bedarf es einer Verwaltungsstelle, die sich der Wirtschaftsförderung zur Gewinnung von Gewerbe und zur Unterstützung des hier ansässigen Gewerbes annimmt. Ziel sollte es dadurch sein, die Gewerbesteuereinnahmen durch mehr Gewerbe zu erhöhen, anstatt sie durch Umwandlungen von Gewerbe- in Wohnfläche zu reduzieren.

Der Gemeinde Nauheim sind bereits Erträge durch die Folgen der Corona-Pandemie weggebrochen, dennoch müssen wir als Kommune auch Verantwortung übernehmen, für jene, die unter dieser Pandemie deutlich gelitten haben. Dazu zählen neben dem Gewerbe auch Kinder mit ihren Familien und Kulturschaffende. Als Musikgemeinde mit einem vielfältigen Angebot der verschiedenen Kulturformen innerhalb der Kommune, ist es unsere Aufgabe, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Kultur in Nauheim zu fördern. Dafür ist es wichtig, dass wir heute die Akquise von Fördermitteln für den Kulturbereich beschlossen haben. Diese sollen die Kulturschaffenden, zusätzlich zu den bereits bereitgestellten Mitteln, im Rahmen zeitgemäßer Förderungen zukommen. Dazu zählen neben Veranstaltungsreihen und weiteren Präsentationsplattformen auch die Bereitstellung von Räumlichkeiten. Um Kulturveranstaltungen, wie den „Kultursommer“ des letzten Jahres weiterhin zu ermöglichen, hatten wir bereits im Laufe des letzten Jahres beschlossen, die Möglichkeiten einer Kulturstätte auf dem Gelände der Geflügelzüchter auszuloten. Die Ergebnisse sollten uns bis zu den aktuellen Haushaltsberatungen präsentiert werden, um heute Voraussetzungen zur Errichtung einer Veranstaltungsstätte zu schaffen. Bedauerlicherweise gibt es bis heute kein Ergebnis dazu. 

Kinder und deren Familien zählen ebenso zu den Leidtragenden dieser Pandemie. Das gilt sowohl für Schulkinder als auch für jene, die noch die Kitas besuchen. Viele Schülerinnen und Schüler haben Lernrückstände aufgrund von Distanzunterricht, vermehrten Unterrichtsausfällen oder Quarantäne bzw. Isolation. Hier muss die Gemeinde – auch im Rahmen von Förderprogrammen – Verantwortung übernehmen. Daher ist es ein richtiger Weg, die Mittel der bisherigen Hausaufgabenhilfe zu verdoppeln, um mehr Kindern und Jugendlichen dieses Angebot zu ermöglichen. 

Der Bedarf an Betreuungsplätzen und dessen fehlende Deckung ist seit Beginn der Legislaturperiode – und weit darüber hinaus – ein ständig präsentes Thema. Auch im Rahmen der Haushaltsberatungen haben wir uns mit dem Thema „Kindertagesstätten“ befasst. Uns allen geht es darum, den Kindern eine bestmögliche Betreuung in einem pädagogisch hochwertigen Umfeld zu ermöglichen. Die geplante Interims-Kita zur Betreuungsüberbrückung während der Baumaßnahmen an der Kita Ochsengrund ist und bleibt für uns eine Überbrückungsmöglichkeit. Mit Blick auf vorhandene Container kann ich die Intention der CDU nachvollziehen, diese dauerhaft zur Kinderbetreuung zu nutzen. Hier sehen meine Fraktion und ich aber doch erhebliche Qualitätsunterschiede zu den bestehenden Kindertagesstätten. Darüber hinaus ist es fraglich, ob wir auf dem ohnehin angespannten Arbeitsmarkt Erzieherinnen oder Erzieher für eine „Container-Kita“ finden würden. Die Aussagen des Vorsitzenden des TV Nauheim zeigt uns aber auch, dass die Umnutzung des Erdgeschosses im Neubau der Sportkita für die Kinderbetreuung vom Tisch ist. Der Um- und Rückbau des mittlerweile fortgeschrittenen Anbaus ist nicht wirtschaftlich. Außerdem könnte der darüber liegende Neubau nicht in Betrieb genommen werden, was die Situation der mangelnden Betreuungsplätze noch weiter verschärfen würde. Wir sehen die Interimskita im Hartmannsloch weiterhin als Überbrückung, um der Bedarfsunterdeckung kurzzeitig entgegentreten zu können. Daher fanden wir den Kompromiss akzeptabel, einer weiteren Nutzung von bis zu 12 Monaten zuzustimmen. Im gleichen Zeitraum müssen Flächen geprüft werden, um eine weitere Kindertagesstätte zu errichten, um langfristig ausreichend Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen. Dazu haben wir drei Flächen vorgeschlagen, zu denen bereits erste Vorplanungen bestehen. Daher sehen wir eine Umsetzung im festgesetzten Zeitraum als durchaus realistisch an. Diese Thema muss jetzt endlich mal intensiv angegangen werden! Kinderbetreuung braucht aber nicht nur Räume, sondern auch pädagogisch wertvolles Personal. Von daher erwarten wir vom Gemeindevorstand konkrete Vorschläge, die Nauheim als Arbeitgeber vor allem für Erzieherinnen und Erzieher attraktiv machen. Nur damit können wir Fachkräfte in Nauheim halten und uns auf dem Arbeitsmarkt gegen andere Kommunen behaupten. Damit würden wir ein jahrelanges Problem entschärfen und Nauheim für junge Familien attraktiver und lebenswerter gestalten.

Klima- und Umweltschutz ist und bleibt auch für Nauheim von immenser Wichtigkeit, auch wenn manch einer dies eher als „weltpolitische Themen“ ansieht. Dabei geht es nicht nur um innerörtliches Klima, sondern auch um die Vorbild- und Informationsfunktion, die die Gemeinde gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern hat. Es bleibt zu hoffen, dass wir die zum 1. April 2022 ausgeschriebene Stelle auch wirklich besetzen können. Die To Do-Liste für diese Stelle ist bereits relativ umfangreich. Zahlreiche Anträge der Fraktionen wurden für die künftige Klimaschutzmanagerin bzw. den künftigen Klimaschutzmanager zur Bearbeitung aufgehoben. Dabei geht es u.a. auch um die von uns beantragten Konzepte zum Fotovoltaikausbau und zur Umstellung der Gemeindefahrzeuge auf alternative Antriebstechnologien. Aber auch die Bepflanzung und Begrünung privater Flächen muss über gezielte Informationskampagnen forciert werden. Auch hier muss die Gemeinde als Vorbild vorangehen – gerade was den Aspekt Bepflanzung und verantwortlicher, klimafreundlicher Umgang mit Bäumen angeht. Die Fördergelder reichen lediglich für die Finanzierung der Stelle der Klimaschutzmanagerin bzw. des Klimaschutzmanagers aus. Um handlungsfähig zu sein, ist eine Anschubfinanzierung von 40.000€ unerlässlich. Viel zu lange haben wir das Thema Klimaschutz in Nauheim aufgeschoben und die Bearbeitung von Anträgen zurückgestellt.  

Im vergangenen Jahr sowie zur letzten Haushaltsberatung hat die SPD-Fraktion mehrere Anträge gestellt, die direkt mit dem Haushalt 2022 und dessen Beratungen zusammenhängen. Bedauerlicherweise konnten hierzu noch keine Ergebnisse vorgelegt werden. Dadurch wird uns die Möglichkeit genommen, verschiedene Projekte anzugehen bzw. weiterzuverfolgen. Auf der anderen Seite lassen wir Einsparpotenziale verstreichen, da die geforderten Prüfungen offensichtlich weiterhin ausstehen. Mit Blick auf das strukturelle Haushaltsdefizite und die defizitäre mittelfristige Finanzplanung, sollten diese Prüfungen oberste Priorität im Rathaus haben. Nur so kann die Gemeinde handlungsfähig bleiben und ihren Aufgaben nachkommen, ohne die Bürgerinnen und Bürger noch weiter zu belasten.

Wir werden dem vorgelegten und veränderten Haushaltsentwurf sowie dem Investitionsprogramm für das Jahr 2022 zustimmen. Gleichzeitig sehen wir es als Aufgabe aller Fraktionen an, die Ausgabenseite für die kommenden Jahre zu überprüfen und Einsparpotenziale auszumachen.

Zum Abschluss möchte ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bei allen Verwaltungsmitarbeiter*innen bedanken. Das letzte Jahr hat nicht nur neue Gesichter in die Gemeindevertretung, sondern auch an verschiedenen Stellen der Verwaltung gebracht. Neben Frau Demel als Nachfolge von Herrn Künnecke in der Zuständigkeit für die Gremienarbeit wurden auch die Fachbereichsleitungen (vorübergehend) neu besetzt. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein herzliches Dankeschön für Ihre Zuarbeit.

Vielen Dank und bleiben Sie gesund!